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GNAO-Leistungen

«Die Rehaklinik Bellikon war mein grösstes Glück»

Simon Gerber wird von einem Zug mitgeschleift und verliert dabei seinen Fuss. Er kommt zur Rehabilitation nach Bellikon. Hier lernt er wieder zu laufen und schafft danach den Weg zurück ins Berufsleben.

Der Bahnpöstler Simon Gerber (53) will noch schnell ein Paket aus dem Zug am Bahnhof Baar fischen, als sich die Türen automatisch schliessen. Sein Handgelenk ist eingeklemmt und Gerber haut auf den Türöffnungsknopf. Die Tür bewegt sich aber keinen Millimeter mehr. Der Interregio hingegen beginnt zu rollen. Gerber schreit um Hilfe. Der Zug fährt schneller. Gerber rennt mit dem Zug mit. Als dieser immer mehr an Fahrt aufnimmt, zieht sich Gerber in die Hocke. Er weiss: «In 2,56 Kilometern fahren wir im Bahnhof Zug ein. So lange muss ich durchhalten.» Doch irgendwann verlässt ihn die Kraft, sein rechtes Bein streckt sich. Bahnschotter, Holzschwellen und kleine Eisentäfelchen raspeln sein Fleisch weg. Nach 2 Minuten und 50 Sekunden kommt der Zug im Bahnhof Zug zum Stehen. Gerber drückt erneut auf den Türöffner und fällt «wie ein Mehlsack» zu Boden. Gleisarbeiter eilen zu Hilfe. Kurz darauf wird er im Zuger Kantonsspital als Notfall eingeliefert und noch am gleichen Tag nach Luzern zur Fussamputation überführt. Das war am 24. Januar 2012.

«Es war immer jemand für mich da»
Nach dreiwöchigem Spitalaufenthalt kommt Simon Gerber zur Rehabilitation nach Bellikon. Die Klinik auf dem Mutschellen hinterlässt bei ihm einen bleibenden Eindruck. «Das Panorama von den Zentralschweizer bis zu den Berner Bergen hat ganz sicher zur Heilung beigetragen.» Stundenlang sei er draussen im Park gesessen und hätte die Ruhe genossen.

Bereits zu Gründungszeiten der Suva kam die Frage auf, ob es für Unfallverletzte nach dem normalen Spitalaufenthalt besondere Behandlungsmethoden brauche. Da die Suva aber von den Unternehmen wegen der Prämienlast mit Skepsis beäugt wurde, verzichtete man darauf. Dennoch schickte sie ab 1921 Verunfallte zur Nachkur nach Baden. Mit den erfolgreichen Rehabilitationen kam der Sinneswandel und die Suva baute in den 1960er-Jahren die Rehaklinik Bellikon.

Ab dem Eintritt in die Klinik ist der Tag für Simon Gerber mit auf ihn massgeschneiderten Therapien durchstrukturiert. Physiotherapie, Gehschule, Fitnesscenter. «Aufgrund der vielen Therapien hatte ich immer die Möglichkeit, über das Geschehene zu sprechen und es zu verarbeiten», sagt Simon Gerber.

«Man hat an mich geglaubt»
Auf die Behandlung von Amputationen spezialisierte sich die Rehaklinik Bellikon bereits von Anfang an. Denn gesetzlich war die Suva verpflichtet, Prothesen zu beschaffen. Noch in Baden richtete die Suva eine Gehschule ein, die neben der Stumpfbehandlung auch der «Übung der verbleibenden Gelenke» und der «Anlernung im richtigen Gebrauche der Kunstglieder» diente.

Simon Gerber kann von den jahrzehntelangen Erfahrungen in der Unfallrehabilitation profitieren. «Mein Gehtherapeut hat es hervorragend verstanden, mich nicht nur physisch, sondern auch psychisch aufzubauen. » Von Anfang an habe man ihm den Glauben an eine berufliche Rückkehr geschenkt und so sein Selbstvertrauen gestärkt. Während vier Monaten lernt Gerber langsam aus dem Rollstuhl aufzustehen und wieder zu laufen. Erste Schritte mit Krücken in der Amputierten-Gehschule, später das Treppenlaufen, dann auf verschiedenen Untergründen im Gehgarten der Klinik. Er profitiert vom Know-how in der technischen Orthopädie. Gleichzeitig fertigt der klinikeigene Orthopädieschuhmacher angepasste Spezialschuhe für ihn an.

«Ich liebe meinen Job»
Als Klinik der Suva hat sich die Rehaklinik Bellikon auf die Rehabilitation von Unfallpatienten spezialisiert. Dabei spielen auch die berufliche und soziale Wiedereingliederung eine tragende Rolle. In Zusammenarbeit mit der IV begleiten die Fachspezialisten der beruflichen Eingliederung in Bellikon Simon Gerber wieder in den Alltag zurück. Dieser hatte sich bereits vor seinem Unfall für die Umschulung zum Buschauffeur bei den Verkehrsbetrieben Luzern gemeldet. Diese Ausbildung holt er nach, sobald es seine
Gesundheit zulässt. Heute arbeitet er seit fünf Jahren zu 100 Prozent als Buschauffeur.

Mit den beiden Rehakliniken in Bellikon und Sion trägt die Suva eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung. Wie gut eine Rückkehr ins Berufs- und Privatleben nach einem Unfall gelingt, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht relevant. Jeder investierte Franken in
die Rehabilitation zahlt sich um ein Vielfaches aus. Wichtig ist die erfolgreiche Rehabilitation aber vor allem für den einzelnen Menschen – wie Simon Gerber. «Heute bin ich überzeugt: Bellikon war mein grösstes Glück.»

Absender Rehaklinik Bellikon
RubrikGNAO-Leistungen
Ausgabe04. Mai 2018