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GNAO-Leistungen

Keimfrei in den Operationssaal

Klemmen, Scheren, Pinzetten und Spezialinstrumente – sie alle kommen während einer Operation mit Körperflüssigkeiten und verschiedenen Keimen in Kontakt. Damit die Instrumente bei der nächsten Operation wieder steril sind, müssen diese in einem aufwändigen Prozess sauber aufbereitet werden. Das Herzstück der Instrumentenaufbereitung ist die Zentrale Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Wir haben einen Blick hinter die Kulissen der AEMP im Spital Muri gewagt.

Im ersten Untergeschoss, leicht versteckt, befindet sich die AEMP. Der Zutritt in die «Zentralsteri» ist streng geregelt und nur wer sich vorschriftsgemäss einkleidet, darf eintreten. Je nachdem, ob der schmutzige oder der saubere Bereich aufgesucht wird, müssen besondere Schuhe und Kleider aus dem Regal genommen und angezogen werden.

Entfernung von Verunreinigungen

Die Dekontaminationszone, der sogenannte «Schmutzraum», ist praktischerweise durch einen Lift direkt mit dem Operationstrakt verbunden. Im Schmutzraum nehmen die technischen Sterilisationsassistentinnen und
-assistenten – so nennt man die Mitarbeitenden der AEMP korrekt – die gebrauchten Instrumente und Geräte aus dem Operationssaal entgegen und machen die Triage. In der Dekontaminationszone geht es darum, organisches Material zu entfernen. Im Gegensatz zu den anderen Bereichen der AEMP werde im Reinigungsraum nichts ohne Handschuhe und Schutzkleidung angefasst, erklärt Edith Stocker, die Leiterin der AEMP.

Nach der Entgegennahme der Instrumenten-Container werden die Instrumente strikt nach Vorgaben auseinandergenommen, zerlegt und geöffnet. Da nebst einfachen Instrumenten auch hochspezialisierte Instrumente aufbereitet werden, stehen zu jedem Instrument exakte Beschreibungen zur Verfügung. Anschliessend werden die Instrumente vorgereinigt, abgespült, während drei Minuten in ein vibrierendes Ultraschall-Bad gelegt und anschliessend nochmals gespült. Daraufhin ordnen die Mitarbeitenden die Instrumente für den Waschvorgang im Reinigungsdesinfektionsgerät (RDG) auf einen Beladungsträger.

Fast wie eine normale Spülmaschine – nur viel komplexer

Optisch unterscheiden sich die vier vorhandenen Reinigungsdesinfektionsgeräte bis auf die Glastüren kaum von herkömmlichen Spülmaschinen. Die Reinigungstechnik, die dahintersteckt, ist jedoch um einiges ausgeklügelter und viel komplexer. Die Maschinen registrieren genau, ob alle Vorschriften eingehalten werden. Stimmt der Wasserdruck oder die Temperatur nicht, so stoppt die Maschine das Waschprogramm und setzt eine Fehlermeldung ab. In diesem Fall muss der Mitarbeitende das Reinigungsprogramm nochmals neu starten. Bei Instrumentenwagen dauert das Waschprogramm 60 Minuten, bei Containern 30 Minuten.

DieReinigungsdesinfektionsgeräte in der AEMP weisen weitere besondere Eigenschaften auf. Sie sind als Durchreichegeräte konzipiert. Das heisst, sie haben auf beiden Seiten Türen – diese lassen sich aber nur einzeln öffnen. Im unreinen Schmutzraum beladen die Mitarbeitenden die Maschine mit Instrumenten. Sobald die Instrumente fertig gewaschen sind, öffnen sich die Türen auf der anderen reinen Seite im Packraum. Ein Zusatzmodul zieht die Instrumente automatisch aus der Maschine. Anschliessend kontrollieren die Mitarbeitenden die Instrumente auf Sauberkeit und Funktionsfähigkeit, wobei die Instrumente gleichzeitig gepflegt werden.

Kontrolle und Genauigkeit sind das A und O

Danach folgt das Verpacken der Instrumente. Diese werden entweder einzeln in Beutel eingeschweisst oder in Containern verpackt. Dabei scannt die technische Sterilisationsassistentin den Barcode auf dem Sieb ein und der Computer zeigt mit einem Bild genau auf, wie die Instrumente gepackt, also sortiert, werden müssen. Spitze Einzelinstrumente sowie Instrumente für die Notfallstation und den OP werden immer doppelt in zwei Beutel eingeschweisst.

Alle Container werden anschliessend mit zwei Plomben versiegelt. Auf dem Container respektive dem versiegelten Instrument befindet sich zudem eine Produktionsetikette, welche alle Daten der Aufbereitung enthält und während der Operation in die Akte des Patienten geklebt wird. Auf der Etikette befindet sich zudem ein Indikator. Dieser wird nach der noch folgenden Sterilisation von Wichtigkeit sein.

Bevor die Instrumente die AEMP verlassen und wieder in den OP dürfen, müssen sowohl die Container als auch die Einzelverpackungen im sogenannten Sterilisator während 18 Minuten bei 134 °C sterilisiert werden. «Diesen Sterilisatoren kann man sich vereinfacht wie ein Dampfkochtopf vorstellen», erklärt Edith Stocker. Jeder Sterilisationscharge wird zudem ein Chargenindikator beigegeben, der den Sterilisationsvorgang punktuell testet. Vor der Sterilisation ist dieser kleine Papierstreifen gelb. Läuft alles korrekt ab, verfärbt er sich schwarz.

Unerlässliche Sicht- und Qualitätskontrollen

Sobald der Sterilisationsprozess fertig ist, werden die Beladungsträger automatisch aus dem Sterilisator  gezogen. Anschliessend erfolgt eine weitere Sicht- und Qualitätskontrolle, bei der verschiedene Prozessparameter geprüft werden: Sind die Container und die einzeln verpackten Instrumente trocken? Sind die Verschlüsse korrekt verschlossen? Hat der Beutel oder die Fliessverpackung Risse? Ist die Siegelnaht unbeschädigt? Sind bei den Containern alle Plomben vorhanden und korrekt verschlossen? Hat sich der Chargenindikator schwarz verfärbt? Wurden die Temperatur von 134 °C, die Dauer von 18 Minuten und der Druck von 3 Bar eingehalten, sodass die Container den Prozess ordnungsgemäss durchlaufen haben und keimreduziert (steril) sind?

Nach der Kontrolle kühlen die Instrumente und Container langsam bei warmer Raumtemperatur ab. Würden sie sofort ins kühle Lager verschoben werden, könnte sich Kondenswasser im Container bilden. In diesem Fall dürfen die Container und Instrumente nicht eingesetzt werden. Nach dem vollständigen Abkühlen folgt die Einlagerung. Das erfolgt in einem topmodernen Lift, der neben seiner eigentlichen Funktion als direkter Warenlift in den OP auch als Lager für die aufbereiteten und sterilisierten Instrumentencontainer dient. Der Lift hat noch eine besondere Eigenschaft: Er ist staubfrei.

Bevor ein Patient oder eine Patientin in den Operationssaal geschoben wird, bereiten die OP-Pflegenden die Instrumente für die Operation vor. Die Instrumente und Textilien (z. B. Kompressen) werden im Vier-Augen-Prinzip bereitgelegt und gezählt. Dabei wird nochmals sichergestellt, dass die Verpackungen unbeschädigt und dicht sind. Nach Beendigung der Operation zählen die Pflegenden ein weiteres Mal, ob alle Instrumente und Textilien vorhanden sind. Erst wenn alles vollzählig ist, verschliesst der Operateur die Wunde. Und für die Instrumente beginnt der rund vierstündige Aufbereitungsprozess in der AEMP von vorne. Instrumente aus der Orthopädie und der Chirurgie seien die häufigsten, die diesen Prozess durchlaufen, weiss Edith Stocker zu berichten. Dies variiere aber je nach Wochentag und Operationsprogramm.

Ziel: einwandfreie Instrumente abliefern

In der AEMP des Spitals Muri arbeiten unter der Leitung von Edith Stocker sechs technische Sterilisationsassistentinnen und zwei -assistenten von Montag bis Freitag jeweils von 7.00 bis 21.00 Uhr im Drei-Schicht-Betrieb. Am Wochenende ist eine Person jeweils halbtags (12.30–16.30 Uhr) anwesend.

Sämtliche Aufbereitungsschritte erfolgen nach strengen gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien. Die neue AEMP, welche seit dem 20. März 2017 in Betrieb ist, ist nicht zertifiziert. Deshalb dürfen nur Instrumente für das eigene Haus aufbereitet werden. Auch ohne Zertifizierung hat Edith Stocker den Anspruch, wie ein zertifizierter Betrieb zu arbeiten und einwandfreie Instrumente abzuliefern. Und sie fügt an: «Wer weiss, vielleicht können wir schon bald Lernende bei uns ausbilden, denn seit diesem Jahr gibt es offiziell eine dreijährige Lehre zur Medizinproduktetechnologin EFZ, zum Medizinproduktetechnologen EFZ.» Bislang hatten technische Sterilisationsassistentinnen und -assistenten lediglich die Möglichkeit, die Kurse Fachkunde 1 und 2 zu absolvieren und sich auf die Arbeitserfahrung zu stützen. Mit dieser neu angebotenen Ausbildung erhält der Beruf hoffentlich die Anerkennung, die er verdient. Denn der Beruf ist anspruchsvoll und erfordert ein sehr sorgfältiges, sauberes und präzises Arbeiten. Zudem sind viel technisches Verständnis und Geschick gefordert. Genau diese Elemente sind es auch, welche Edith Stocker an ihrer Tätigkeit so schätzt.

Absender Spital Muri
RubrikGNAO-Leistungen
Ausgabe07. Mai 2018
Spital Muri