Gesundheits-Netz Aargau Ost, zur Startseite

Innovation

«Musikspiegel» hellt Stimmung bei demenzerkrankten Menschen auf

Klänge, die an positive autobiografische Erlebnisse geknüpft sind, können das Wohlbefinden von demenzerkrankten Menschen deutlich steigern, depressive Verstimmungen verringern und Verhaltensauffälligkeiten mildern. Das zeigt die Interventionsstudie «Musikspiegel» des Zentrums für Gerontologie der Universität Zürich. Der Reusspark hat sich an dieser Studie beteiligt. Die Bilanz fällt durchwegs positiv aus.

Ein Musikspiegel verbindet biografisch angenehme Erlebnisse mit persönlich bedeutungsvoller Musik oder Klängen. Die Studie hat gezeigt, dass der Musikspiegel das situative Wohlbefinden von Menschen mit Demenz sowohl in Alltagssituationen als auch bei herausforderndem Verhalten steigert.

Musikspiegel erzeugen positive Stimmungen
«Individuell abgestimmte, bedeutsame Musik oder Geräusche ermöglichen Menschen mit Demenz, freudige und sinnstiftende Erfahrungen zu machen», sagt Studienleiterin Sandra Oppikofer. Neuropsychiatrische Symptome wie Apathie oder Unruhe werden positiv beeinflusst. Das zeigen Beobachtungen von Pflegenden und Angehörigen sowie wissenschaftlichen Mitarbeitenden, die die Mimik und Körpersprache von an Demenz erkrankten Menschen während vier Jahren (2017 bis 2021) analysiert haben. Ein «Musikspiegel» dient dazu, sich erkannt und verstanden zu fühlen, Trost zu spenden, von Stress abzulenken und ein Gefühl von Geborgenheit zu erzeugen. «Ein Bewohner verweigerte meistens die Körperpflege. Wenn wir den Musikspiegel anwenden, kommt er tanzend mit zur Dusche», sagt Wohnbereichsleiterin Susanna Lehmann. Gesundheitsfachmann Patrick Lanz erzählt: «Wenn ich bei der ehemaligen Gesangslehrerin Frau H. den Musikspiegel einsetze, beginnt sie zu strahlen und singt mit.» «Insgesamt bewähren sich Musikspiegel als einfache, kurze Intervention, um die Stimmung demenzkranker Bewohnerinnen und Bewohner positiv zu beeinflussen», resümiert Chefarzt Dr. med. René Kuhn und fügt an: «In Einzelfällen konnten wir durch den Musikspiegel sogar die Anzahl Medikamente reduzieren.»

Auch das Pflegepersonal spürt positive Effekte
Die Wirkungen des Musikspiegels sind nicht nur bei den Gepflegten spürbar, sondern auch beim Pflege- und Betreuungspersonal. Der Musikspiegel hilft emotionale Verbindungen zu schaffen und Verständnis herzustellen. Die wahrgenommene Nähe nimmt zu, das Stressempfinden sinkt und das situative Wohlbefinden steigt. Der Musikspiegel hilft, eine tragende Beziehung aufzubauen und zu vertiefen.

Einfach in der Anwendung
Im Gespräch mit der kognitiv beeinträchtigten Person und ihren Angehörigen sucht man gemeinsam nach persönlich bedeutsamen Erlebnissen und den damit assoziierten Geräuschen, Klängen oder Liedern. Daraufhin wird ein individualisierter «Musikspiegel» zusammengestellt und auf ein iPad oder Tablet übertragen. «Ist der Musikspiegel einmal erstellt, ist die Anwendung im Alltag niederschwellig und unkompliziert», sagt Andreas Egger, Leiter Gerontopsychiatrie. Auf neun Wohnbereichen, in denen vorwiegend Menschen mit Demenz betreut werden, ist der Musikspiegel eingeführt worden. Bei einigen hat der Musikspiegel als Interventionsmethode einen festen Platz gefunden. «Andere Pflegeteams sind am Erproben und Austesten des neuen Instruments», sagt Egger weiter. Total sind rund 40 individuelle Musikspiegel im Einsatz. «Aufgrund der positiven Ergebnisse wenden wir den Musikspiegel auch nach Studienabschluss weiter an.» Darüber hinaus ermutigen die gemachten Erfahrungen ganz allgemein, Musik im Alltag vermehrt und bewusst einzusetzen.

Fachtagung zum Thema
Zusammen mit dem Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich führt der Reusspark im nächsten Jahr eine Fachtagung zum Thema «Musik in der Pflege und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen» durch.

Fachtagung:                    Musik in der Pflege und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen
Datum:                             4. März 2022
Ort:                                   Reusspark, Zentrum für Pflege und Betreuung, Niederwil (AG)
Infos und Anmeldung:   www.reusspark.ch

 

Medienstelle und Bildmaterial
Bildmaterial Reusspark
Bildmaterial 2 Reusspark

Caroline Schneider, Kommunikation Reusspark
E-Mail: caroline.schneider@reusspark.ch
Telefon: 056 619 60 19

Studienleitung
Dr. phil., Betr. oec. Sandra Oppikofer
Zentrum für Gerontologie & UFSP Dynamik Gesunden Alterns, Universität Zürich
E-Mail sandra.oppikofer@zfg.uzh.ch

Absender Reusspark
RubrikInnovation
Ausgabe04. März 2021